Warum ich mich gegen das eBook entschieden habe

Es gibt gute Gründe, eine Dissertation als eBook zu produzieren. eBooks sind gut durchsuchbar, leicht zu archivieren und mobil nutzbar.

Etwa ein Drittel der LeserInnen in Deutschland nutzen mittlerweile auch eBooks. Digitale Bücher machen rund 5% des Umsatzes im Buchhandel aus. Mit Verweis auf die Entwicklung der Bezahlkultur im Internet sagen digitale Optimisten dem eBook ein Marktvolumen von 15-20% in einigen Jahren voraus. Bisher werden mit eBooks allerdings kaum Gewinne erzielt. Digitalverlage verdienen ihr Geld vor allem mit den Druckversionen, die sie zusätzlich zum eBook anbieten. Laut Branchenreport „Verlegen von Büchern“ des Deutsche Sparkassen- und Giroverbands bevorzugen noch rund drei Viertel der LeserInnen in Deutschland insbesondere längere Texte in gedruckter Form. (DSGV, 3/2015)

Die Verkaufsstatistiken waren allerdings nicht der Grund, warum ich mich dagegen entschieden habe, meine Dissertation als eBook zu veröffentlichen. Ausschlaggebend war die mangelnde Kompatibilität. In der Annahme, dass die technologischen Möglichkeiten grenzenlos und die Einbettung von Videos und Bildern bei einem eBook kein Problem sein dürften, sollte meine Arbeit in den gängigen eBook-Formaten mobi (für Kindle) und ePUB (für andere Lesegeräte) veröffentlicht werden. Auf keinen Fall wollte ich einfach ein PDF online stellen, wie es traditionelle Verlage, die sich im digitalen Publizieren versuchen, üblicherweise praktizieren. Neben der Printversion bieten Verlage inzwischen oftmals noch ein PDF als „eBook“ an und verlangen dafür denselben Preis, obwohl das PDF ohnehin als Druckvorlage für das papierne Buch erstellt werden musste. Doch meine Arbeit sollte nicht als quasi-Buch, als statisches Abbild eines Buches erscheinen. Wennschon digital, dann richtig. Die Dissertation sollte in einem responsiven Format, das sich dem jeweiligen Lesegerät anpasst, erscheinen, multimedial und individuell anpassbar. Ich wollte das Potential digitaler Technologien vollkommen ausnutzen.

Doch auf der Electric Book Fair 2015 und in Gesprächen mit Fachleuten wurde ich mit den widrigen Bedingungen der eBook-Produktionen konfrontiert. Die Produktion eines eBooks ist nämlich extrem aufwendig, da alle Formatierungen (Überschriften, Absätze, Textbild etc.) definiert und programmiert werden müssen. Das Verfahren ist mindestens ebenso aufwendig wie die Formatierung von Texten in WORD (#*;;°x@=§!). An WORD muss man sich im Laufe des akademischen Lebens allerdings zwangsläufig gewöhnen, da man als GeisteswissenschaftlerIn leider so gut wie nie die Vorzüge von LaTeX erfährt. Doch selbst wenn man es auf sich nehmen würde, Texte in ePUB zu programmieren bzw. ExpertInnen damit beauftragte, gibt es gute Gründe, sich gegen das eBook zu entscheiden. Das eigentliche Problem ist nämlich die fehlende Standardisierung. So hat man sich unter eBook-ProduzentInnen noch nicht verständigen können, wie digitale Bücher programmiert werden sollen, sodass sie auf jedem Lesegerät funktionieren. Zwar erlaubt ePUB alle möglichen Gestaltungsweisen, doch funktionieren die dann aufwendig produzierten Multimediapublikationen nicht auf allen Lesegeräten. Je nachdem ob es sich um ein Kindle, ein Tolino oder ein Smartphone handelt, lässt sich ein Filmausschnitt mehr oder weniger gut oder gar nicht abspielen. Technisch ist es also kein Problem, schöne eBooks zu gestalten, doch mangelt es an einer kompatiblen Programmierung. Dies treibt auch eBook-ProduzentInnen in den Wahnsinn, wenn es sie nicht gar zu KontrahentInnen digitaler Bücher werden lässt.

Um trotzdem auf die zunehmende Mobilität von WissenschaftlerInnen zu antworten und eine zeitgemäße Präsentation einer Arbeit, die sich auf Filmanalysen stützt, zu ermöglichen, habe ich meine Dissertation nun als Website veröffentlicht. Eine Website erfordert zwar einen Online-Zugang, doch WLAN gibt es inzwischen fast überall. Ob eine solche Veröffentlichung weniger aufwendig zu produzieren ist als ein eBook, bleibt allerdings zu bezweifeln. Dafür kann eine Website auf vielen verschiedenen Geräten rezipiert werden – mit und ohne Video-, Bild- oder Audiodateien. Für diejenigen, die auch offline und mit einem festen ‚Werk‘ arbeiten möchten, habe ich ein Print-on-Demand-Version erstellt.